Ich habe während meiner Arbeitszeit keine Zeit, um etwas zu lernen!”
– warum eigentlich nicht?

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“Ich habe während meiner Arbeitszeit keine Zeit, um etwas zu lernen!”
– (So ziemlich jede:r Mitarbeiter:in, jedes Jahr)

Als Learning Consultants sind wir – das sind Theresa und Max – als Spezialist:innen im Bereich Lernen bei unterschiedlichen Unternehmen im Einsatz und unterstützen Organisationen, Teams und Individuen bei ihrer Weiterentwicklung. Geht es speziell um das Thema Lernen, ist einer der häufigsten Sätze, die wir zu hören bekommen: “Ich habe während der Arbeitszeit keine Zeit, um etwas zu lernen!”

Vielleicht nickst du gerade mit dem Kopf, weil es dir genauso geht, oder weil du diesen Satz schon häufiger gehört hast. Doch warum ist das so? Und ist das wirklich so? Wir sind diesen Fragen nachgegangen, um herauszufinden, was Mitarbeiter:innen damit eigentlich meinen.

Vorneweg sei gesagt: Immer wenn wir in unterschiedlichen Situationen mit Menschen zusammenarbeiten, ist jede Situation anders und bringt eigene Voraussetzungen und Herausforderungen mit sich. Trotzdem möchten wir euch das Zusammenspiel von Lernen und Zeit im Unternehmen an einem konkreten Fall darstellen. Das heißt aber nicht, dass es immer so sein muss!

Nehmen wir eine Mitarbeiterin aus einem Projekt – nennen wir sie Mika. Mika arbeitet als Projektleiterin in einem Digitalisierungsprojekt und ist damit in Vollzeit beschäftigt. Die Woche reicht gerade so aus, um alle anfallenden Tasks zu bearbeiten. Mika steht aktuell zudem vor der Herausforderung, dass sie das Gefühl hat, dass sie dem Team nicht so wirklich weiterhelfen kann. Sie wendet sich daher zunächst an die Personalentwicklungsabteilung, schildert das Problem und bittet um Unterstützung um sich zu verbessern.

Die Personalentwicklungsabteilung schickt Mika ein Angebot für einen zweitägigen How-to-be-a-perfect-Projektleitung-Workshop, der in drei Wochen stattfinden soll. Eigentlich möchte Mika aber gar nicht so lange warten und außerdem hat sie bei ihrer derzeitigen Auslastung auch “einfach keine Zeit, um zwei Tage lang zu lernen”.

Mika wird also selbst tätig und reflektiert zunächst die Situation. Sie erkennt, dass die eigentliche Herausforderung vielleicht auch darin liegt, dass sie in den Meetings keinen echten Mehrwert für das Team und das Projekt schafft. Mika recherchiert deshalb selbstständig mittels Google und YouTube, um die nächsten Teammeetings so aufzusetzen, dass dadurch ein echter Mehrwert für das gesamte Team erarbeitet werden kann und probiert das neue Vorgehen umgehend aus.

Was also ist hier eigentlich passiert? Mikas Ablehnung gegenüber dem Workshop, das sie umgangssprachlich mit “Lernen” benennt, zeigt verschiedene grundlegende Probleme auf.

In einem zweitägigen Projektleitungs-Workshop würde Mika mit vielen anderen Teilnehmenden in einem “one-size-fits-most” Format verschiedene Inhalte zur Rolle und zur Tätigkeit einer Projektleitung erfahren. Bestimmt gibt es auch Inhalte zur Gestaltung von Meetings, aber die meisten der angebotenen Inhalte benötigt Mika eigentlich gar nicht mehr, da sie bereits mehrjährig als Projektleiterin arbeitet und diese kennt. Zusätzlich soll der Workshop erst in drei Wochen stattfinden, Mika hat aber das Problem schon heute und möchte es so schnell wie möglich lösen.

Genau dieses Verständnis von ‘Lernen’, nämlich wertvolle Arbeitszeit mit etwas zu verbringen, das entweder nicht nützlich ist oder zur falschen Zeit angeboten wird, ist unserer Meinung nach häufig gemeint, wenn Mitarbeiter:innen sagen, dass sie dafür keine Zeit haben. Und um ehrlich zu sein: Genau das sollten wir eigentlich nicht als Lernen bezeichnen.

Stattdessen lernt Mika und das on-the job aus einer Herausforderung heraus und ohne es vielleicht explizit so zu benennen. Aus lehr-/lerntheoretischer Sicht würden wir das als selbstgesteuerten Lernprozess beschreiben, der auch mit dem Begriff des Pull-Prinzips umschrieben werden kann. Das Pull-Prinzip beschreibt, dass eine Person sich selbstständig Inhalte und Materialien “zieht”, um damit zu lernen.

Wir verstehen Lernen also als einen intrapersonalen Prozess, der i.d.R. bedarfsgerecht, praxisorientiert und individualisiert abläuft.

Zum Schluss unser Tipp:

Wenn Dir das nächste mal jemand sagt, dass keine Zeit zum Lernen vorhanden ist, dann frag’ doch mal, was genau die Person damit meint. Es ist wahrscheinlich, dass es dieser Person eigentlich gar nicht um’s Lernen geht. Stattdessen hat sie vielleicht schlichtweg keine Lust, ihre wertvolle Zeit mit Dingen zu verbringen, die sie nicht voranbringen.

Und genau deshalb ist es so unglaublich wichtig, beim Thema Lernen vom individuellen Menschen aus zu denken. Wir als Learning Consultants versuchen das zu erfüllen, indem wir im ersten Schritt gemeinsam mit den Lernenden erarbeiten, was ihnen wirklich wichtig ist und warum. Bei unseren Ansätzen “Agiles Lernen” und “Agile Lehre” stehen deshalb konsequent die Lernenden im Mittelpunkt. Denn dann – das zeigen unsere Erfahrungen u.a. als agile Lerncoaches – nehmen sich die Mitarbeitenden in Unternehmen auch gerne Zeit, um zu lernen.

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Geschrieben von

Maximilian Höldl und Theresa Heublein